Wichtigste Erkenntnisse
- Ab April 2024 ist der legale Besitz und Anbau von Cannabis für Erwachsene in Deutschland gestattet, inklusive der Möglichkeit, Samen aus der EU zu bestellen.
- Anbauvereinigungen dürfen ab Juli 2024 offiziell Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder abgeben, mit strengen Mengenbegrenzungen pro Monat.
- Medizinisches Cannabis wird separat geregelt, wobei für die Verschreibung zukünftig ein reguläres Rezept ausreicht, ohne die Anforderungen eines Betäubungsmittelrezepts.
Deutschland steht kurz vor einem bedeutenden Wendepunkt in der Drogenpolitik: der Legalisierung von Cannabis. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, der von der Ampel-Koalition getragen wird, sieht weitreichende Änderungen vor, die ab April 2024 wirksam werden sollen. Dieser Schritt verspricht nicht nur eine Entkriminalisierung der Konsumentinnen und Konsumenten, sondern auch einen wirksameren Jugendschutz und die Eindämmung des Schwarzmarktes. Doch was genau ändert sich mit der neuen Gesetzgebung?
Gesetzesrahmen und Ziele
Das Gesetz erlaubt den legalen Besitz und Konsum von Cannabis für Erwachsene. Hiermit verbunden ist die Möglichkeit zum privaten und gemeinschaftlichen nichtgewerblichen Eigenanbau sowie zur kontrollierten Weitergabe durch Anbauvereinigungen. Ziel ist es, einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis zu fördern, den Gesundheitsschutz zu verbessern und den illegalen Markt einzudämmen. Die Bundesregierung betont, dass der bisherige Ansatz, den Konsum durch Verbote zu regulieren, nicht erfolgreich war und durch diesen Schritt eine Wende eingeleitet wird.
Privater Cannabis-Anbau
Ab April 2024 dürfen Erwachsene bis zu drei Cannabispflanzen für den Eigenbedarf anbauen. Es wird volljährigen Personen gestattet, Samen aus der EU zu bestellen, um ihren Eigenbedarf für den Anbau zu decken. Der Kauf von Vermehrungsmaterial ist auf sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat begrenzt.
Darüber hinaus können Samen oder Stecklinge direkt von den Vereinen bezogen werden. Die Vereine dürfen, sowohl an ihre Mitglieder als auch an Nicht-Mitglieder Samen und Stecklinge abgeben. Während der Versand von Samen durch diese Vereine erlaubt ist, ist das Verschicken von Stecklingen aufgrund logistischer Herausforderungen nicht gestattet. Wenn Samen und Stecklinge zusammen abgegeben werden, ist die Gesamtmenge auf maximal 5 Stück beschränkt. Nicht-Mitglieder müssen der Anbauvereinigung die Selbstkosten für die Produktion der weitergegebenen Cannabissamen oder Stecklinge erstatten.
Regelungen für Anbauvereinigungen
Ab Juli 2024 werden voraussichtlich Cannabis-Clubs ihre Pforten öffnen. Hier können dann Mitglieder maximal 25 Gramm pro Tag beziehungsweise 50 Gramm Cannabis pro Monat beziehen. Die Ausgabe von Cannabis an Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren ist auf 30 Gramm pro Monat mit einer Begrenzung des THC-Gehalts auf zehn Prozent zulässig. Konsumcannabis darf als Haschisch oder Marihuana nur in kontrollierter Qualität und in Reinform weitergegeben werden. Mitglieder müssen ihren Wohnsitz, oder gewöhnlichen Aufenthalt, seit mindestens 6 Monaten, in Deutschland haben und dürfen immer nur in einem Anbauverein Mitglied sein.
Den Landesregierungen steht es frei, die Anzahl der Vereinigungen auf eine je 6.000 Bürger pro Kreis oder kreisfreie Stadt begrenzen.
Begrenzungen und Schutzmaßnahmen
Für den Konsum und die Abgabe von Cannabis gelten klare Regeln. So ist die Weitergabe auf maximal 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat limitiert, wobei für junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren spezielle Begrenzungen, siehe oben, vorgesehen sind. Um Jugendliche zu schützen, wird zudem der Konsum in der Nähe von Schulen, Spielplätzen und anderen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche untersagt.
Orte des erlaubten Konsums
Das neue Gesetz definiert klar die Bedingungen und Orte, an denen der Cannabis-Konsum erlaubt ist. Während in privaten Räumen der Genuss von Cannabis frei von Einschränkungen möglich ist – vorausgesetzt, es beeinträchtigt nicht die Rechte anderer oder setzt Kinder und Jugendliche keinem Risiko aus – sind öffentliche Plätze wie Parks und öffentliche Plätze unter Auflagen für den Konsum zugänglich. Diese hängen von lokalen Verordnungen ab und setzen voraus, dass keine Störung der Allgemeinheit entsteht.
Zusätzlich wird der Konsum in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr untersagt, um die öffentliche Ordnung und das Wohlbefinden aller Bürger zu wahren. Um den Jugendschutz zu stärken, ist der Konsum innerhalb von Schutzzonen rund um Einrichtungen wie Cannabis-Vereine, Schulen, Kindergärten und Spielplätze innerhalb eines Radius von 100 Metern strikt verboten. Diese Regelungen zielen darauf ab, einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis in der Öffentlichkeit zu fördern, während gleichzeitig die Sicherheit und das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen geschützt werden.
Medizinisches Cannabis im Rahmen der Legalisierung
Mit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland wird eine klare rechtliche Trennung zwischen Medizinalcannabis und Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken vollzogen. Während das Konsumcannabisgesetz den Gebrauch von Cannabis zu Freizeitzwecken regelt, wird Medizinalcannabis in einem separaten Medizinal-Cannabisgesetz behandelt.
Verschreibung und Erstattung
Medizinalcannabis kann weiterhin als Arzneimittel verschrieben werden. Eine wichtige Neuerung ist, dass für die Verschreibung von Medizinalcannabis zukünftig kein spezielles Betäubungsmittelrezept mehr erforderlich ist; ein reguläres Rezept genügt. Dies vereinfacht den Verschreibungsprozess für Ärzte und Patienten erheblich.
Die Erstattungsfähigkeit von Medizinalcannabis bleibt bestehen, solange es den sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben entspricht. Cannabisprodukte, die als Arzneimittel verordnet werden, müssen in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität vorliegen und einen THC-Gehalt von mindestens 0,3 Prozent aufweisen, wie es das Deutsche Arzneibuch vorsieht. Produkte mit einem geringeren THC-Gehalt sind von der Erstattung ausgeschlossen.
Diese Anpassungen im Umgang mit Medizinalcannabis zielen darauf ab, den Zugang für Patienten zu erleichtern und gleichzeitig die therapeutische Sicherheit und Qualität der Cannabisprodukte zu gewährleisten.
Bedenken und Gegenargumente
Trotz der positiven Zielsetzungen gibt es auch Bedenken, insbesondere was die Kontrolle und die finanziellen Belastungen für die Länder angeht. Der Bundesrat äußerte Zweifel an der Effektivität der Maßnahmen, besonders in Bezug auf den Jugendschutz und die Kontrolle des THC-Gehalts. Die Bundesregierung hält jedoch an ihrem Plan fest, betont die langfristigen Vorteile der Reform und verweist auf die Möglichkeit, durch Einsparungen im Strafverfolgungsbereich Ressourcen für Prävention und Kontrolle zu schaffen.
Fazit
Mit der Legalisierung von Cannabis betritt Deutschland Neuland in seiner Drogenpolitik. Diese Reform hat das Potenzial, den Umgang mit Cannabis auf eine neue, verantwortungsvolle Ebene zu heben, indem sie den Schutz von Menschen in den Vordergrund stellt und gleichzeitig den Schwarzmarkt bekämpft.
Quellen:
Deutscher Bundestag (09.10.2023): "Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG)"
Deutscher Bundestag (23.03.2024): "Nach langem Ringen: Bundestag verabschiedet Cannabis-Legalisierung"
Bundesministerium für Gesundheit (23.02.2024): "Fragen und Antworten zum Cannabisgesetz"
Mehr lesen