Wichtigste Erkenntnisse
- Legalisierung und Entkriminalisierung sind zwei verschiedene Strategien im Umgang mit Cannabis: Bei der Entkriminalisierung wird der Besitz kleiner Mengen nicht mehr als Straftat gesehen, der Handel bleibt allerdings illegal. Bei einer Legalisierung ist sowohl der Besitz als auch der Handel legal.
- Bei einer Legalisierung, wie sie in Kanada stattfand, kann der Schwarzmarkt bekämpft und die Qualität der Ware kontrolliert werden. Zudem können Polizei und Justiz Kosten sparen und es entstehen zusätzliche Steuereinnahmen.
- Die derzeit geplante "Legalisierung" in Deutschland hat eher Merkmale einer Entkriminalisierung oder Teillegalisierung, da der Handel mit Cannabis nur eingeschränkt erlaubt wird und Mengen über 25 Gramm weiterhin strafbar sind.
- Obwohl die geplante Gesetzgebung in Deutschland teilweise strenger ist als die bisherige, wird sie als Weg eingeführt, um EU-Regelungen zu entsprechen. Sie erlaubt den Kauf und Besitz von Cannabis, aber nur durch Cannabis Social Clubs, und erlaubt kein komplett freies Handeln mit der Ware.
In der Debatte rund um die Legalisierung in Deutschland werden oft die Begriffe Legalisierung und Entkriminalisierung in einen Topf geworfen. Sie beschreiben jedoch zwei komplett unterschiedliche Zustände. Damit wir also die neue Gesetzgebung hier in Deutschland richtig beurteilen können, wollen wir uns anschauen, was die Unterschiede zwischen einer Legalisierung und Entkriminalisierung sind.
Das bedeutet eine Entkriminalisierung
Eine Entkriminalisierung beschreibt im Kontext der Drogenpolitik zumeist nur, dass der Besitz kleinerer Mengen einer Droge nicht mehr als Straftat gewertet wird. Zusätzlich werden meistens sogenannte konsumnahe Delikte wie der Erwerb von Kleinstmengen entkriminalisiert. Das strafrechtliche Verfahren entfällt demnach. Stattdessen können andere Konsequenzen erfolgen, typisch sind Bußgelder und (verpflichtende) Hilfsangebote. Der gewerbliche Handel bleibt bspw. illegal, oft auch der Anbau und die Herstellung. Somit soll eine Entkriminalisierung lediglich die Polizei und Justiz entlasten, indem Konsumenten nicht mehr verfolgt werden. Große kriminelle Strukturen wie der Schwarzmarkt bleiben illegal bestehen.
Als Beispiel für eine Entkriminalisierung können wir Portugal betrachten. Dort wurde zur Jahrtausendwende jeglicher Drogenkonsum entkriminalisiert, weil der Staat stattdessen auf Hilfsangebote, Präventionsmaßnahmen und Aufklärung setzen wollte. Seither ist der Besitz von Kleinstmengen an Drogen nur eine Ordnungswidrigkeit, Dealen bleibt jedoch eine Straftat.
Die Niederlande hat Cannabis ebenfalls nur entkriminalisiert, Coffeeshops sind lediglich geduldet. Die Coffeeshops beziehen also nach wie vor ihr Cannabis vom Schwarzmarkt. Das soll sich jedoch laut dem niederländischen Staat demnächst ändern. Im Jahr 2017 wurde das sogenannte Wiet-Experiment beschlossen. Das Experiment steht auf Deutsch für so viel wie eine „geschlossene Coffeeshop-Kette". Der Staat möchte den Schwarzmarkt austrocknen und Coffeeshops dazu verpflichten, von staatlichen oder staatlich beauftragen Stellen Cannabisprodukte zu beziehen. Im Jahr 2021 wurden hierfür 7 Erzeuger auserwählt, bei denen die Marihuana- und Haschproduktion bereits fortgeschritten ist. 2023 soll das Wiet-Experiment in einzelnen Städten anlaufen.
Eine Entkriminalisierung beweist die Probleme, dass kein regulärer und legaler Markt für den Cannabishandel eingeführt wird. Somit bleibt ein Hautproblem der unregulierte Schwarzmarkt, auf dem minderwertige Produkte vertreiben werden. Das wiederum ist eine Einnahmequelle für die organisierte Kriminalität. Eine Entkriminalisierung wird daher oft als Übergangszustand zu einer Legalisierung hin betrachtet. Problematisch ist, dass Länder, wie wir es an den obigen Beispielen erkennen können, zu oft in diesem Zustand verharren.
Die Legalisierung von Cannabis auf dem Prüfstand
Der Hauptunterschied einer Legalisierung besteht darin, dass eine Legalisierung auch den Handel mit der Droge erlaubt. Somit könnte bspw. der Schwarzmarkt ausgetrocknet werden, da das illegale Geschäft in die Hände legaler Unternehmen und Geschäftsleute fällt. Kriminellen Organisationen würde hiermit eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen genommen. Hinzu kommt der Vorteil, dass die Ware reguliert und überprüft werden kann, wodurch bspw. Verunreinigungen und minderwertige Produkte vom Markt verschwinden würden. Nicht zu erwähnen sind dabei die Kosten, welche sich Polizei und Justiz einsparen. Und natürlich die Mehreinnahmen aus Steuern, die durch den legalen Cannabismarkt entstünden.
Übrigens: In Deutschland und vielen weiteren Ländern sollte eher von einer Re-Legalisierung die Rede sein. Erst 1929 wurde in der Form des Opiumgesetzes das Verbot von Cannabis in Deutschland eingeführt, somit fand die Kriminalisierung und Illegalisierung von Cannabis statt. Nun, knappe 100 Jahre später, erscheint die Re-Legalisierung in Deutschland wahrscheinlich.
Fallbeispiel Kanada
2018 hat Kanada damit Schlagzeilen gemacht, Cannabis zu legalisieren. Als erstes Land weltweit wurde in Kanada Cannabis vollumfänglich legalisiert, mit allen dazu gehörenden Folgen. Ziel der Legalisierung war es, ähnlich wie in Deutschland, den Schwarzmarkt auszutrocknen, den Jugendschutz zu gewährleisten und die Qualität von Cannabis zu verbessern.
Seither dürfen Erwachsene in der Öffentlichkeit bis zu 30 Gramm Cannabisblüten mit sich führen und bis zu 4 Pflanzen sind pro Haushalt erlaubt. Der Verkauf erfolgt, anders als in Deutschland geplant, über lizenzierte Fachgeschäfte. Die vollumfängliche Legalisierung hat es kanadischen Unternehmen bspw. erlaubt, die Cannabisbranche zu dominieren. Als legales Gut können kanadische Unternehmen mit Cannabis handeln und bspw. in andere Länder zu medizinischen Zwecken exportieren. Daher ist es kein Wunder, dass die größten Cannabisunternehmen aus Kanada stammen und dass diese über das meiste Know-how für den großflächigen Anbau hochqualitativer Cannabisblüten verfügen. Das unterscheidet Kanada als legalisiertes Land von entkriminalisierten Ländern wie Portugal oder die Niederlande.
Legalisierung in Deutschland: Ist das nicht in Wahrheit eine Entkriminalisierung?
Zurzeit ist in Deutschland die Rede von einer Legalisierung von Cannabis über das Cannabisgesetz (CannG). Dabei stellt man sich zurecht die Frage, ob Cannabis wirklich legalisiert wird oder ob nicht doch eine Entkriminalisierung stattfindet.
Die neue Gesetzgebung zu Cannabis sieht vor, dass Kauf und Besitz von Cannabis künftig erlaubt sein sollen. Auch Ordnungswidrigkeiten sind für Kauf und Besitz nicht mehr vorgesehen, solange gewisse Grenzwerte eingehalten werden. Problematisch ist nur, dass der Kauf bisher einzig über Cannabis Social Clubs stattfinden soll. Diese Vereine sollen zudem keinen Profit erwirtschaften dürfen, sondern lediglich ihre Kosten decken. Somit ist der freie Handel mit Cannabisprodukten leider nicht gegeben, zumal das Entstehen von Cannabisunternehmen nach kanadischem Vorbild nicht stattfinden kann. Eine Legalisierung des Cannabishandels findet also nicht statt. Wie wir oben gesehen haben, ist die Legalisierung des Handels allerdings ein Grundbaustein einer Legalisierung, insbesondere im Vergleich zur Entkriminalisierung.
Interessant ist an den neuen Regelungen zudem, dass bspw. nur der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis straffrei bleiben soll. Höhere Mengen bleiben also nach wie vor kriminalisiert und können strafrechtliche Verfahren nach sich ziehen. Hier sieht das CannG zum Teil härtere Strafen als die bisherige Gesetzgebung vor.
Es hat allerdings auch seinen Grund, dass Cannabis nicht vollends legalisiert wird und der Handel nur über CSCs stattfinden darf. Diese Gesetzgebung erfolgt, damit gewisse EU-Regelungen im Einklang mit der Legalisierung / Entkriminalisierung stehen. So ist es bspw. nach geltendem EU-Recht nicht möglich, Cannabis zu einer komplett legalen Ware zu machen, da Deutschland nicht gewährleisten kann, dass die Ware nicht ins Ausland gebracht wird.
Die geplante „Legalisierung" in Deutschland weist also leider zu wenige Anzeichen einer Legalisierung auf und muss wahlweise als Entkriminalisierung oder Teillegalisierung betrachtet werden. Wir erachten die geplante „Legalisierung" nach jetzigem Stand als eine Entkriminalisierung, welche dem niederländischen Modell ähnlicher ist, als es die ausführenden Politiker vermutlich wahrhaben wollen. Wir können nur hoffen, dass Deutschland nicht wie die Niederlande und Portugal in diesem Übergangszustand verharren wird.
Fazit: Unterschied zwischen Legalisierung und Entkriminalisierung
Wie wir gesehen haben, unterschieden sich Legalisierungen stark von Entkriminalisierungen. Im ersten Fall wird eine Droge als legale Ware eingeführt, welche dementsprechend legal gehandelt werden kann. Bei einer Entkriminalisierung wird lediglich der Besitz kleiner Mengen, die für den Eigenkonsum bestimmt sind, nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Als Ordnungswidrigkeiten können die Tatbestände jedoch nach wie vor angesehen werden. Eine Entkriminalisierung wird also mit dem Cannabisgesetz auf jeden Fall angestrebt, bis zu einer vollkommenen Legalisierung fehlen allerdings wichtige Aspekte wie ein freier Handel mit Cannabis. Bestenfalls kann somit von einer Teillegalisierung die Rede sein.
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