
Inhaltsverzeichnis
Wichtigste Erkenntnisse
- Kurzfristige Effekte: Rote Augen, erhöhte Lichtsensibilität, verlangsamte Pupillenreaktion.
- Fahrtüchtigkeit: Cannabis kann die Reaktionszeit und das räumliche Sehen beeinträchtigen.
- Medizinischer Nutzen: Senkung des Augeninnendrucks bei Glaukom – jedoch keine Dauerlösung.
- Nebenwirkungen: Meist reversibel (trockene Augen, Pupillenveränderungen).
Cannabis ist nicht nur für seine entspannende und therapeutische Wirkung bekannt, sondern beeinflusst auch deine Sinneswahrnehmungen – darunter das Sehvermögen. Ob du gelegentlich konsumierst oder Cannabis aus medizinischen Gründen nutzt: Die Auswirkungen auf die Augen sind vielfältig und reichen von kurzfristigen Veränderungen bis hin zu potenziellen medizinischen Vorteilen. Cannabinoide spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie den Augeninnendruck regulieren und die Netzhautfunktion durch das Endocannabinoid-System unterstützen oder stören können. Hier erfährst du, was Wissenschaft und Medizin dazu sagen, einschließlich der potenziellen Augenprobleme, die durch den Konsum entstehen können.
Kurzfristige Effekte: Rote Augen und veränderte Lichtwahrnehmung
Der typische “Kiffer-Blick” mit geröteten Augen ist kein Mythos. Cannabis erweitert die Blutgefäße, auch in der Augenbindehaut, was zu einer verstärkten Durchblutung und damit zu roten Augen führt, was die Gesundheit des Auges beeinflussen kann. Wenn Licht ins Auge eindringt, wird es in elektrische Signale umgewandelt, die für das Sehvermögen entscheidend sind. Dieser Effekt ist harmlos und lässt sich oft mit Augentropfen lindern (mehr dazu hier).
Gleichzeitig kann THC, der psychoaktive Wirkstoff in Cannabis, die Lichtempfindlichkeit erhöhen. Farben wirken intensiver, Kontraste schärfer, und manche Nutzer berichten von einem "glow" bei Dunkelheit. Diese Veränderungen sind vorübergehend, können aber Aktivitäten wie Autofahren beeinflussen.
Cannabis und Fahrtüchtigkeit: Was Studien sagen
Eine Studie der Universität Granada (2020) untersuchte, wie der Cannabis Konsum das Sehvermögen im Straßenverkehr beeinträchtigt. Die Ergebnisse zeigen, dass Konsumenten oft Schwierigkeiten haben, Entfernungen richtig einzuschätzen und auf plötzliche Hindernisse zu reagieren. Studien zeigen, dass der Cannabis Konsum erhebliche Auswirkungen auf die visuelle Funktion hat, insbesondere im Straßenverkehr. Grund sind verlangsamte Reaktionszeiten und eine eingeschränkte Fokussierungsfähigkeit der Augen. Zudem kann der Cannabiskonsum erhebliche Auswirkungen auf die Fahrsicherheit haben, da er die Tiefenwahrnehmung und das Kontrastsehen stört, was zu einer Beeinträchtigung der visuellen Funktion und der Reaktionsfähigkeit führt.
Interessanterweise überschätzen viele ihre Fahrtüchtigkeit nach dem Konsum – ein Risiko, das nicht unterschätzt werden sollte. Wer high ist, sollte daher aufs Steuer verzichten.
Medizinische Vorteile: Cannabis bei Grünem Star (Glaukom)
Seit den 1970er-Jahren ist bekannt, dass Cannabis den Augeninnendruck senken kann – ein entscheidender Faktor bei der Behandlung des Grünen Stars (Glaukom). Diese Erkrankung schädigt den Sehnerv und kann unbehandelt zur Erblindung führen. Langfristige Auswirkungen des Cannabiskonsums auf das Sehvermögens, insbesondere im Zusammenhang mit Sehbehinderungen und deren Auswirkungen auf die Fahrsicherheit, sollten jedoch nicht außer Acht gelassen werden.
Cannabis wirkt hier durch die Erweiterung der Augenblutgefäße und die Entspannung des Ziliarmuskels, was den Abfluss von Kammerwasser fördert. Allerdings halten die Effekte nur etwa 3–4 Stunden an, was eine dauerhafte Therapie erschwert. Mediziner betonen daher, dass Cannabis zwar als ergänzende Option infrage kommt, aber keine Standardbehandlung ist (mehr zum Thema Glaukom).
Mögliche Nebenwirkungen: Trockene Augen und Pupillenreaktion
Neben den bekannten roten Augen kann Cannabis auch zu trockenen Augen führen. THC reduziert die Produktion von Tränenflüssigkeit, was bei längerem Konsum irritierend sein kann. Hier helfen feuchtigkeitsspendende Augentropfen.
Zudem reagieren die Pupillen langsamer auf Lichtveränderungen – ein Grund, warum manche Nutzer nachts geblendet werden oder tagsüber Sonnenbrillen tragen. Diese Effekte sind jedoch reversibel und klingen mit dem Nachlassen der Wirkung ab. Prof. Dr. Frank Mußhoff betont, dass diese Nebenwirkungen zwar unangenehm, aber meist reversibel sind.
Entzündungshemmende und neuroprotektive Effekte von Cannabis: Förderung der Augengesundheit
Darüber hinaus besitzen Cannabinoide entzündungshemmende und neuroprotektive Eigenschaften, die sich positiv auf die allgemeine Augengesundheit auswirken können. Diese Wirkungen könnten insbesondere bei altersbedingten degenerativen Prozessen oder chronischen Entzündungszuständen im Augenbereich von Vorteil sein, indem sie die Regeneration von Zellen fördern und oxidativen Stress mindern. So eröffnet sich die Perspektive, dass Cannabis in bestimmten medizinischen Kontexten einen ergänzenden Beitrag zur Unterstützung und Erhaltung der Sehfunktion leisten kann.
Langzeitfolgen: Gibt es Risiken für die Augengesundheit?
Aktuelle Forschungen wie eine systematische Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2024 deuten darauf hin, dass chronischer Cannabiskonsum okulomotorische Funktionen beeinträchtigen könnte – also die präzise Steuerung der Augenbewegungen. Dies könnte beispielsweise das Lesen oder die Konzentration auf bewegte Objekte erschweren. Ebenso kann Alkoholkonsum das Sehvermögen beeinträchtigen, indem er zu unscharfem Sehen und erhöhter Lichtempfindlichkeit führt.
Allerdings sind diese Effekte individuell unterschiedlich und treten vor allem bei sehr hohem, regelmäßigem Cannabis Konsum auf. Für Gelegenheitsnutzer sind langfristige Schäden am Sehvermögen bisher nicht nachgewiesen. Dennoch ist es wichtig, die gewohnten visuellen Funktionen und die Sehschärfe während des Konsums von Alkohol oder Cannabis zu beachten, da die Beeinträchtigungen sowohl kurzfristige als auch langfristige Folgen haben können.
Cannabis und die Zukunft der Augenheilkunde
Trotz der Herausforderungen sehen Forscher Potenzial für medizinische Anwendungen. Neben dem Glaukom wird untersucht, ob Cannabis bei Erkrankungen wie Retinopathien oder entzündlichen Augenkrankheiten helfen könnte. Die entzündungshemmenden Eigenschaften von CBD könnten hier eine Schlüsselrolle spielen.
Quellen:
- Retina.ch. (o. D.). Wer kifft, sieht schlechter. Abgerufen von https://retina.ch/ratgeber/wer-kifft-sieht-schlechter/
- Ortiz-Peregrina, S., Ortiz, C., Castro-Torres, J. J., Jiménez, J. R., & Anera, R. G. (2020). Effects of Smoking Cannabis on Visual Function and Driving Performance. A Driving-Simulator Based Study. International Journal of Environmental Research and Public Health, 17(23), 9033. https://doi.org/10.3390/ijerph17239033
- Manning, B., Downey, L. A., Narayan, A., & Hayley, A. C. (2024). A systematic review of oculomotor deficits associated with acute and chronic cannabis use. Addiction Biology, 29(1), e13359. https://doi.org/10.1111/adb.13359
- Ortiz-Peregrina, S., Ortiz, C., Casares-López, M., Jiménez, J. R., & Anera, R. G. (2021). Effects of cannabis on visual function and self-perceived visual quality. Scientific Reports, 11(1), 1655. https://doi.org/10.1038/s41598-021-81070-5
- Medizinische Institutionen & Medienbeiträge
- Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). (2016, 17. Oktober). Begleitchat zur Sendung «Cannabis in der Medizin»
- KSW. (2020, März). Hilft Cannabis bei Grünem Star?
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