Wichtigste Erkenntnisse
- Hohe Kosten der Prohibition: Frankreich gibt jährlich 570 Millionen Euro für die Strafverfolgung von Cannabis aus, während der Schwarzmarkt floriert.
- Wirtschaftliches Potenzial: Eine Legalisierung könnte 2,8 Milliarden Euro an Steuereinnahmen und bis zu 80.000 Arbeitsplätze schaffen.
- Medizinisches Cannabis hinkt hinterher: Eine flächendeckende Einführung von medizinischem Cannabis wird frühestens 2026 erwartet.
- Frankreich als Hanfmarktführer: Das Land ist weltweit führend in der Produktion von Hanfsamen und dominiert den europäischen Markt für hanfbasierten Zellstoff und Papier.
The Guardian, hat kürzlich einen großartigen Artikel veröffentlicht: „France has the highest cannabis consumption in Europe. It’s high time to tax it“.
Frankreichs Staatsfinanzen stehen unter enormem Druck: 3,2 Billionen Euro Schulden und hohe Zinszahlungen belasten das Budget schwer. Trotz der höchsten Cannabis-Konsumraten in Europa hat Frankreich eine der strengsten Drogenpolitiken des Kontinents, die jährlich 570 Millionen Euro für Strafverfolgung verschlingt. Hurst argumentiert, dass eine Legalisierung nicht nur diese Kosten senken, sondern auch 2,8 Milliarden Euro an Steuereinnahmen bringen und bis zu 80.000 Jobs schaffen könnte. Angesichts positiver Beispiele aus Ländern wie Deutschland und Kanada ist es Zeit für Frankreich, über eine neue, wirtschaftlich sinnvolle Drogenpolitik nachzudenken.
Frankreichs paradoxe Cannabis-Gesetze
Kaum zu glauben, aber in einem Land mit dem Motto „Liberté, Égalité, Fraternité“ gibt es absurde Einschränkungen beim Gebrauch einer Pflanze. In Frankreich ist Cannabis offiziell illegal. Das bedeutet: Besitz, Konsum, Anbau und Verkauf sind verboten und können rechtliche Konsequenzen haben. Allerdings ist die Realität etwas komplizierter. Doch selbst die starken Einschränkungen halten über 13,4 Millionen Franzosen nicht davon ab Marihuana zu probieren, wobei ca. 1,2 Millionen davon regelmäßige Nutzer sind.
Konsum
Seit 2021 gilt ein neues Gesetz: Wer beim Konsum von Cannabis erwischt wird, kann mit einer Geldstrafe von 200 Euro belegt werden. Das Ziel: schnelle Strafen, ohne dass jeder Fall vor Gericht landet. Trotzdem bleibt es eine Straftat und ist nicht entkriminalisiert.
Cannabis für medizinische Zwecke
Frankreich ist bei medizinischem Cannabis weiterhin extrem vorsichtig. Erst 2021 startete ein Pilotprojekt mit 3.000 schwer kranken Patienten, um den Ablauf von Verschreibung und Abgabe zu testen – nicht die Wirksamkeit von Cannabis selbst. Statt Rauchen stehen Cannabisöle, Kapseln und Verdampfen im Fokus. Schätzungen zufolge könnten bis zu eine Million Patienten von Cannabis-Arzneimitteln profitieren, doch viele müssen sich weiterhin auf dem Schwarzmarkt versorgen.
Anbau und Verkauf
Das anbauen und der Verkauf von Cannabis bleibt streng verboten. Doch bereits heute und trotz der starken Regulierung der industriellen Hanfproduktion, ist Frankreich weltweit führend in der Hanfsamenproduktion und verantwortlich für 59 Prozent des globalen Saatguts. Es dominiert den Hanffasermarkt und stellt über 50 Prozent des hanfbasierten Zellstoffs und Papiers in Europa her.
Frankreichs Misere
Frankreich hat – ähnlich wie Tschechien, Italien, Spanien und Kroatien – deutlich höhere Cannabis-Konsumraten als die Niederlande. Und das, obwohl Cannabis in den Niederlanden seit 1976 legal über die Theke verkauft wird. Dort gibt es etwa 565 Coffeeshops, davon 160 allein in Amsterdam. Diese zeigt, dass eine restriktive Drogenpolitik wie in Frankreich den Konsum nicht reduziert, sondern lediglich den Schwarzmarkt stärkt.
Ich erwähne das nicht, um klugscheißerisch zu wirken, sondern weil es ein zentraler Punkt ist. Wenn das Ziel der Schwarzmarkt-Politik darin liegt, den Konsum zu verringern, dann ist diese Strategie offensichtlich ein katastrophaler und teurer Fehlschlag.
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Das niederländische Modell: Erfolgreich trotz Hürden
Die Niederlande gehören zu den erfolgreichsten Ländern der Welt. Das einzige Problem ihres Cannabis-Systems? Die Großhandelsversorgung bleibt illegal – wegen der UN-Einheitskonvention von 1961 über Suchtstoffe, die Länder wie die USA, Kanada oder Uruguay inzwischen getrost ignorieren. Natürlich ist das Holländische Model nicht perfekt und es ist an der Zeit, dass eine vollständige Legalisierung eingeführt wird. Nichtsdestotrotz haben wir im Herzen von Europa ein Land, dass seit Jahrzehnten beweist, dass ein Verkauf über Geschäfte für viele involvierten Parteien Vorteile bringt.
Frankreichs spezielle Verantwortung
Frankreich hat durch seine Geschichte und geografische Lage eine besondere Verantwortung, den Schwarzmarkt zu bekämpfen. Marokko, ein zentraler Partner Frankreichs, hat die industrielle und medizinische Kultivierung legalisiert. Aber sobald es Richtung Europa geht, wird es wieder illegal. Für Frankreich wäre es ein logischer Schritt, diesen Schwarzmarkt zu schließen.
Mehr dazu hier: Legal cannabis offers Morocco a route into Europe.
Spanien: Der Nachbar profitiert ebenfalls
Spanien, als Brücke zwischen Marokko und Europa, dient als Haupttransitland für Schmuggel aus Marokko und Südamerika nach Frankreich und den Rest Europas. Eine Legalisierung in Frankreich könnte dieses Handel deutlich eindämmen.
Organisierte Kriminalität und soziale Stabilität
Die Prohibition von Cannabis fördert organisierte Kriminalität und Gewalt. Besonders in Städten wie Marseille zeigt sich, wie Drogengeschäfte ganze Viertel destabilisieren. Eine Legalisierung würde die Einnahmen der kriminellen Netzwerke reduzieren und die Polizei entlasten.
Lesetipp: Drug-related killings shake French city of Marseille.
Frankreichs wirtschaftliche Vorteil
Eine Studie von 2019 zeigt, dass Frankreich jährlich 570 Millionen Euro für Anti-Cannabis-Maßnahmen ausgibt. Dieselbe Studie empfiehlt die Legalisierung, den Verkauf über ein staatliches Monopol abzuwickeln und die Einnahmen für neue Jobs und soziale Programme zu nutzen. Schätzungen zufolge könnte das 40.000 bis 80.000 legale Jobs schaffen und 2,8 Milliarden Euro in die Staatskasse spülen. Plus: enorme Einsparungen bei der Polizei.
Keine halben Sachen
Frankreich muss mehr tun, als nur über die Entkriminalisierung nachzudenken. Eine gut regulierte Legalisierung könnte enorme wirtschaftliche und soziale Vorteile bringen. Ein staatliches Monopol hingegen würde Innovation und die positiven Nebeneffekte behindern.
Eine Parallele zum Wein
Die Weinindustrie zeigt, wie groß die wirtschaftlichen Nebenwirkungen sein können: Landwirtschaft, Gastronomie, Tourismus – das alles profitiert. Eine vergleichbare Entwicklung könnte auch mit Cannabis erreicht werden, wenn der Markt richtig reguliert wird. Ein staatliches Cannabis-Monopol würde diese Innovationsmöglichkeiten abwürgen.
Fazit
Frankreich steckt in einer Drogenpolitik-Krise: Trotz hoher Cannabis-Konsumraten bleibt das Land eines der restriktivsten Europas. Jährlich werden 570 Millionen Euro für Strafverfolgung ausgegeben, während der Schwarzmarkt floriert und Gewalt in Städten wie Marseille fördert. Eine Legalisierung könnte nicht nur bis zu 2,8 Milliarden Euro in die Staatskasse spülen und bis zu 80.000 Jobs schaffen, sondern auch soziale und sicherheitspolitische Vorteile bringen. Beispiele wie die Niederlande zeigen, dass ein regulierter Markt funktioniert – es ist Zeit, dass Frankreich umdenkt und das Potenzial seines „grünen Goldes“ nutzt.
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