Wichtigste Erkenntnisse
- Medizinische Nutzung vs. Autofahren: Patienten dürfen mit medizinischem Cannabis Auto fahren, sollten jedoch ihre Fahrtüchtigkeit eigenverantwortlich hinterfragen.
- Verschreibung von Cannabis: Die Verordnung von Medizinalcannabis erfordert bestimmte Krankheitsbilder und erfolgt nach Prüfung durch einen Arzt.
- Individualisierte Dosierung: Die Dosis von Cannabisarzneien wird individuell angepasst und sollte unter ärztlicher Überwachung erfolgen.
- Teilnahme am Straßenverkehr: Der Konsum von medizinischem Cannabis berechtigt zur Teilnahme am Straßenverkehr, jedoch mit Vorsicht insbesondere zu Therapiebeginn.
- Polizeikontrolle und Rechtliches: Bei einer Kontrolle ist es ratsam, das Rezept vorzuzeigen; ärztlich verordnetes Cannabis schützt nicht vor MPU oder Führerscheinentzug bei Fahrauffälligkeit.
- Verkehrsmedizinische Untersuchungen: Nach Meldung bei einer Polizeikontrolle folgt eine Prüfung der Fahrtauglichkeit, welche der Patient selbst finanzieren muss.
Die Verwendung von Cannabis in der Medizin hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Akzeptanz als alternative Therapiemöglichkeit erfahren. Für viele Patienten ist die Anwendung von Cannabisarzneien der letzte Ausweg, um ihre Leiden zu lindern und mehr Lebensqualität zu erhalten. Mit der wachsenden Beliebtheit tauchen jedoch auch rechtliche Fragen auf, insbesondere wenn es um die Kombination von Medizinalcannabis und Autofahren geht. In diesem Artikel werfen wir einen eingehenden Blick auf die Schnittstelle zwischen einer Cannabistherapie und den Verkehrsregeln in Deutschland. Wie beeinflusst der Konsum von Cannabis die Fahrtüchtigkeit, und welche rechtlichen Aspekte sind dabei zu beachten?
Was bedeutet überhaupt medizinisches Cannabis?
Cannabis, das in der Medizin Anwendung findet, unterscheidet sich in einigen Punkten stark von herkömmlichem Konsumcannabis, da es gezielt zur Behandlung bestimmter Beschwerden eingesetzt wird. Im Gegensatz zum Freizeitkonsum steht bei der medizinischen Anwendung der therapeutische Nutzen im Vordergrund.
Wie erfolgt die Verschreibung?
Die Verschreibung von Medizinalcannabis erfolgt in Deutschland durch einen Arzt. So kann es als Therapie für bestimmte Krankheitsbilder wie zum Beispiel ADHS, Migräne, Schlafstörungen, chronische Schmerzen, Multipler Sklerose, Depressionen oder bei Übelkeit infolge von einer Chemotherapie eingesetzt werden. Der behandelnde Arzt prüft im Vorhinein die individuelle Krankheitsgeschichte und berücksichtigt alternative Therapieoptionen, bevor er Medizinalcannabis verschreibt. Denn eine cannabisbasierte Therapie darf erst angewendet werden, wenn andere Therapien bereits getestet wurden und diese keine (ausreichende) Wirkung gezeigt haben.
Einnahme von Cannabis: Form und Dosis
Cannabisarzneien sind in verschiedenen Formen und Konzentrationen erhältlich, darunter als getrocknete Blüten, Extrakte, Kapseln oder Tropfen, die unterschiedlich viel Cannabinoide wie Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) sowie ein unterschiedliches Terpenprofil beinhalten. Die Wahl der Einnahmeform hängt von der Art der Erkrankung und den Vorlieben des Patienten ab.
Wichtig ist zu beachten, dass die Dosierung auf jeden Patienten individuell angepasst werden muss. Daher wird in der Regel mit einer niedrigen Dosis gestartet, die erhöht wird, bis der optimale therapeutische Effekt erreicht ist. Ein regelmäßiger Austausch zwischen Arzt und Patient ist entscheidend, um die Wirkung, mögliche Nebenwirkungen, die Verträglichkeit und Anpassungen in der Behandlung zu besprechen.
Hier erfährst du mehr über die gesetzliche Lage in Deutschland, in Bezug auf Cannabis als Medizin.
Darf man mit medizinischem Cannabis Auto fahren?
Ja. Patienten, die Cannabis auf Rezept erhalten und als Medikament einnehmen, dürfen am Straßenverkehr teilnehmen und auch ein Auto steuern. Allerdings ist es wichtig zu wissen, dass man sich unter dem Einfluss von Cannabisarzneien unwohl fühlen kann sowie Schwindel, Ausfallerscheinungen oder eine verspätete Reaktionsfähigkeit auftreten können. Deswegen sollte man als Patient grundsätzlich vor dem Fahren eines Kraftfahrzeuges hinterfragen, ob man dazu wirklich in der Lage ist. Denn die Anwendung von Cannabis, auch aus medizinischen Gründen, beeinflusst Patienten und die Leistungsfähigkeit beim Autofahren. Speziell zu Beginn einer Therapie und einer Dosis- oder Sortenanpassung ist es ratsam, das Auto stehenzulassen, bis die Wirkungen auf den Patienten klar sind, obwohl auch in diesen Phasen das Autofahren erlaubt ist.
Es ist im Allgemeinen nicht ratsam, direkt nach der cannabisbasierten Medikamenteneinnahme ein Fahrzeug oder ein Fahrrad zu benutzen, sondern die erste intensive Wirkung abzuwarten.
Allgemeine Verkehrskontrolle unter dem Einfluss von Cannabisarzneien
Wer mit Cannabis am Steuer erwischt wird, macht sich strafbar, auch wenn der Konsum schon eine Weile zurückliegt. Denn das Kraut gilt laut dem Straßenverkehrsgesetz als ein berauschendes Mittel. So heißt es im § 24a, Absatz 2: "Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt." Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine Substanz im Blut nachgewiesen wird.
Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Anwendung eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.
Der aktuelle Grenzwert von THC im Blut wurde nach der Legalisierung angepasst und liegt nun bei 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum. Wenn dieser nachgewiesen wird, hat die getestete Person bereits eine Ordnungswidrigkeit begangen. Der Gesetzgeber macht eine Ausnahme für Personen, die Cannabis als verschriebenes Arzneimittel verwenden. Für sie gelten weder die Grenzwertregel noch die verschärften Strafen bei Mischkonsum mit Alkohol.
Cannabis-Patienten: Verhalten bei einer Polizeikontrolle
Ärztlich verordnetes Cannabis schützt leider nicht vor einer MPU oder dem Verlust der Fahrerlaubnis. Vor allem nicht, wenn sich der Patient fahrauffällig verhalten hat. Grundsätzlich ist es ratsam, das Rezept mit den genauen Angaben zur Medizin und Dosierung bei sich zu tragen, um es bei einer Kontrolle vorzeigen zu können. Das ist zwar keine Pflicht, könnte aber dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden und für Aufklärung zu sorgen.
Sollte man als Patient in eine Polizeikontrolle geraten und die Polizei stellt die Frage, ob man Drogen konsumiert hat, sollte die Frage grundsätzlich wahrheitsgemäß mit "Nein" zu beantworten werden, denn diese bezieht sich auf die Einnahme von illegalen Drogen, nicht auf verschreibungspflichtige Arzneien. Erst wenn die Polizei speziell nach Medikamenten fragt, kann man über die Cannabisarzneien sprechen.
Dabei ist von Bedeutung, dass die Arzneien auf legale Weise erworben wurden und der Patient das Fahrzeug sicher lenken kann. Sollte der Konsum das Fahrverhalten beeinträchtigen, können ähnliche Strafen wie beim Alkoholkonsum verhängt und eine Prüfung der Fahreignung bei der Fahrerlaubnisbehörde verordnet werden. Denn die Polizei ist verpflichtet, der zuständigen Führerscheinstelle unverzüglich zu melden, falls eine Person im Besitz einer Fahrerlaubnis ist und eine therapeutische Behandlung mit Cannabis durchführt.
Was passiert nach der Meldung an die Führerscheinstelle?
Nach der eingegangenen Meldung erhält der betroffene Patient Post von der zuständigen Stelle, in der er aufgefordert wird, seine Fahrtauglichkeit nachzuweisen. Die Behörden initiieren in der Regel zunächst ein Verkehrs-medizinisches Gutachten, dessen Kosten die betroffene Person selbst tragen muss. Dieses Gutachten dient dazu zu prüfen, ob trotz der Erkrankung und der angeordneten cannabisbasierten Therapie die Fahrtauglichkeit gegeben ist.
In Fällen, in denen Zweifel an der ordnungsgemäßen Nutzung der Medizin oder an der Selbsteinschätzung der Fahrtauglichkeit bestehen, kann der Patient aufgefordert werden, eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) zu absolvieren. Es ist ratsam, sich vor der Teilnahme an dieser Untersuchung ausführlich beraten zu lassen. Nach dem Bestehen darf man weiter am Straßenverkehr teilnehmen. Beim Nichtbestehen, oder wenn die zuständige Stelle keine Notwendigkeit für die Verordnung von Cannabisarzneien sieht, muss der Führerschein für eine gewisse Zeit abgegeben werden und es kann zu einer Geldstrafe kommen.
Neue Regeln: Autofahren unter Cannabis als Freizeitkonsument
Am 06. Juni 2024 stellte der deutsche Bundestag einen Beschluss vor, laut dem der THC-Grenzwert im Straßenverkehr auf 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum erhöht werden soll. Diese Änderung adressiert die Problematik des bisherigen Grenzwerts von 1,0 ng/ml, der selbst bei länger zurückliegendem Konsum häufig überschritten wurde und viele Fahrer unnötig in rechtliche Schwierigkeiten brachte. Wann genau die Gesetzesänderung verabschiedet wird, steht noch aus und bis zur Umsetzung der neuen Regelung bleibt der bisherige Grenzwert bestehen.
Trotz der Entkriminalisierung bleibt das Fahren unter Cannabiseinfluss grundsätzlich verboten, da der Konsum die Konzentration, Aufmerksamkeit sowie die Reaktions- und Entscheidungszeit erheblich beeinträchtigen kann, was das Unfallrisiko deutlich erhöht. Das Verbot ist im § 24a Straßenverkehrsgesetz geregelt. Besonders streng bleibt die Regelung zudem für junge Fahrer unter 21 Jahren und Fahranfänger in der Probezeit, für die weiterhin ein Grenzwert von 1,0 ng/ml gilt.
Wer den neuen Grenzwert von 3,5 ng/ml überschreitet, muss mit einer Geldstrafe von 500 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot rechnen. Aufgrund der hohen Risiken des Mischkonsums gilt zusätzlich ein komplettes Alkoholverbot nach dem Konsum von Cannabis. Bei Mischkonsum mit erhöht sich das Bußgeld auf mindestens 1000 Euro, im Wiederholungsfall können sogar bis zu 3500 Euro fällig werden. Der ADAC rät dringend davon ab, unter Cannabiseinfluss zu fahren, um sich und andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden. Eine wichtige Neuerung betrifft außerdem Fahrer, die erstmalig mit einem zu hohen THC-Wert auffallen: Sie müssen nicht mehr sofort zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU).
Fazit
Zusammenfassend zeigt sich, dass das Autofahren unter der Anwendung von Cannabismedizin in Deutschland legal ist, wenn die Therapie von einem Arzt verschrieben wurde.
Im Falle einer Polizeikontrolle ist es ratsam, wahrheitsgemäß zu antworten und gegebenenfalls das Rezept oder einen Patientenausweis vorzuzeigen. Die Polizei ist verpflichtet, der Führerscheinstelle Mitteilung zu machen, wenn eine Person unter einer Cannabistherapie steht und Auto fährt. Nach einer Meldung erfolgt eine Aufforderung zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit durch ein verkehrsmedizinisches Gutachten, das die betroffene Person selbst finanzieren muss. Bei Zweifeln an der korrekten Einnahme oder der Selbstbewertung kann eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet werden.
Das bedeutet, dass Cannabis, das von einem Arzt verschrieben wurde, nicht vor einer MPU oder dem Verlust der Fahrerlaubnis schützt, insbesondere wenn sich der Patient fahrauffällig verhalten hat.
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