Wichtigste Erkenntnisse
- Was sind Cannabinoide?
- Wie werden Endo- und Phytocannabinoide unterschieden?
- Was bewirken sie im menschlichen Körper?
- Wie werden Phytocannabinoide therapeutisch eingesetzt?
Cannabinoide werden aufgrund positiver Erfahrungswerte und vielversprechender Ergebnisse aus der aktuellen Studienlage bereits in verschiedenen Therapieansätzen eingesetzt. Obwohl die Forschung hier noch ein großes Stück Arbeit vor sich hat – immerhin gibt es über 100 dieser Verbindungen allein in der Cannabispflanze – zeigen sich bereits bedeutende Fortschritte. Interessanterweise produziert nicht nur die Cannabispflanze Cannabinoide; auch unser eigener Körper stelle ähnliche Verbindungen her. Einige dieser Moleküle sind bereits gründlich erforscht und finden in durch die medizinische Anwendung mit Cannabis immer häufigeren Einsatz.
Was sind Cannabinoide?
In der Cannabispflanze werden mehr als 700 chemische Substanzen gebildet. Von diesen ziehen die Cannabinoide, eine Gruppe aus über 100 Molekülen mit chemischen Strukturen, das meiste Interesse der Medizin und Forschung auf sich. Diese Moleküle interagieren mit den Cannabinoid-Rezeptoren, die im menschlichen Körper bereits vorhanden sind, und können bestimmte Vorgänge im Körper an- und vorantreiben. Sie wirken auf das Endocannabinoid-System, das für die unterschiedlichsten Abläufe im Körper vorhanden ist. Ein ausgeglichenes Endocannabinoidsystem ist der Ursprung der Gesundheit. Cannabinoide haben verschiedenste gesundheitliche Vorteile und können Defizite im Körper ausgleichen.
Doch erst einmal müssen wir zwischen Phyto- und Endocannabinoiden unterscheiden.
Was sind Endocannabinoide?
Der menschliche Körper produziert eigene Cannabinoide in Form von Endocannabinoiden (Endo bedeutet körpereigen). Diese Moleküle sind Teil des Endocannabinoid-Systems (ECS), das eine zentrale Rolle bei der Regulierung zahlreicher physiologischer Prozesse spielt. Zu den wichtigsten Endocannabinoiden gehören Anandamid (AEA) und 2-Arachidonoylglycerol (2-AG). Anandamid wird oft als "Glücksmolekül" bezeichnet, weil es an Rezeptoren bindet, die das Wohlbefinden und die Stimmung beeinflussen. 2-AG ist das am häufigsten vorkommende Endocannabinoid im Körper und spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung von Entzündungen und dem Immunsystem.
Endocannabinoide interagieren mit Cannabinoid-Rezeptoren, die hauptsächlich im Gehirn und im Nervensystem vorkommen, aber auch in anderen Organen und Geweben zu finden sind. Durch diese Interaktionen tragen Endocannabinoide zur Regulierung von Schmerz, Appetit, Schlaf, Stimmung und Gedächtnis bei. Sie helfen auch dabei, das Gleichgewicht (die Homöostase) im Körper aufrechtzuerhalten, indem sie unter anderem Stressreaktionen modulieren und das Immunsystem unterstützen. Insgesamt sind Endocannabinoide essenziell für das reibungslose Funktionieren vieler Körperprozesse und tragen erheblich zu unserem allgemeinen Wohlbefinden bei.
Was sind Phytocannabinoide?
Phytocannabinoide sind Verbindungen, die natürlich in Pflanzen vorkommen, insbesondere in der Cannabispflanze. Diese Verbindungen ähneln den Endocannabinoiden, die der menschliche Körper selbst produziert, und können daher ähnliche biologische Wirkungen entfalten, indem sie mit dem Endocannabinoid-System (ECS) interagieren.
Zu den bekanntesten Phytocannabinoiden gehören Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol. THC ist das psychoaktive Cannabinoid, das für die berauschenden Wirkungen von Cannabis verantwortlich ist. Es bindet sich an die Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn und verändert dabei die Freisetzung von Neurotransmittern, was zu den typischen Effekten wie Euphorie und veränderter Wahrnehmung führt. Cannabidiol hingegen hat keine psychoaktiven Eigenschaften und interagiert auf eine Weise mit dem ECS, die entspannend und entzündungshemmend wirken kann.
Weiterhin gibt es viele weitere Phytocannabinoide, wie Cannabigerol (CBG) und Cannabichromen (CBC), die jeweils einzigartige Eigenschaften und Wirkungen auf den Körper haben. Diese Verbindungen spielen eine wichtige Rolle bei der biologischen Funktion von Cannabis und tragen zu den verschiedenen Wirkungen der Pflanze bei. Phytocannabinoide werden in den Trichomen der Cannabispflanze gebildet, den kleinen harzigen Drüsen, die auf den Blüten und Blättern zu finden sind. Insgesamt sind Phytocannabinoide aufgrund ihrer vielfältigen Interaktionen mit dem ECS von großem Interesse für Wissenschaft und Medizin.
Eine Therapie mit Phytocannabinoiden - funktioniert das?
Der medizinische Ansatz mit Phytocannabinoiden gewinnt zunehmend an Bedeutung, da diese Verbindungen vielfältige Wirkungen haben. Sie liegen in der Pflanze zunächst in saurer Form vor, beispielsweise als THCA und CBDA, und müssen durch Decarboxylierung aktiviert werden, um ihre therapeutischen Eigenschaften als Arzneimittel entfalten zu können.
Die wichtigsten Cannabinoide und ihre Wirkungen
Tetrahydrocannabinol (THC)
THC ist das bekannteste und am gründlichsten erforschte Cannabinoid. Es ist psychoaktiv und bindet sich an die Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn, was zu einer Veränderung der Wahrnehmung, Stimmung und kognitiven Funktionen führt. Therapeutisch wird es unter anderem zur Schmerzlinderung, Appetitanregung und Behandlung von Übelkeit und Erbrechen eingesetzt, zum Beispiel bei Krebspatienten während einer Chemotherapie.
Cannabidiol (CBD)
CBD wirkt nicht berauschend und bekannt für seine beruhigenden und entzündungshemmenden Eigenschaften. Es wird häufig bei Angstzuständen, Epilepsie und Schmerzen (auch chronisch) eingesetzt. Es interagiert auf komplexe Weise mit dem Endocannabinoid-System und modifiziert die Wirkung anderer Phyto- und Endocannabinoide.
Cannabigerol (CBG)
CBG ist ein weniger bekanntes Cannabinoid, das jedoch als Vorläufer für andere Cannabinoide, wie THC und CBD, dient. CBG hat entzündungshemmende, antibakterielle und neuroprotektive Eigenschaften. Es wird erforscht für seinen potenziellen Einsatz bei Glaukomen, entzündlichen Darmerkrankungen und Blasenfunktionsstörungen.
Cannabichromen (CBC)
CBC ist ebenfalls nicht psychoaktiv und besitzt entzündungshemmende, schmerzstillende und antidepressive Eigenschaften. Es zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von Schmerzen und Depressionen sowie bei der Förderung des Wachstums von Gehirnzellen.
Anpassung an den Patienten
Die Wirkung von medizinischem Cannabis variiert von Patient zu Patient. Daher muss der Einsatz und die Dosis individuell angepasst werden. Eine sorgfältige Abstimmung auf die Bedürfnisse des Patienten ist entscheidend, um die gewünschten Effekte zu erzielen und Nebenwirkungen zu minimieren. Eine enge Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Arzt ist beim Einsatz von Cannabis als Medizin unerlässlich. Dieser kann die passende Konsumart, Dosierung und Sorte gemeinsam mit dem Patienten bestimmen und Cannabis auf Rezept verordnen.
Die passende Konsumart von Cannabis finden
Medizinisches Cannabis und dessen Phytocannabinoide können auf verschiedene Weise konsumiert werden:
- Inhalation: Das Rauchen oder Verdampfen von Cannabisblüten oder einem Extrakt ermöglicht eine schnelle Wirksamkeit, da die Cannabinoide direkt in den Blutkreislauf gelangen.
- Orale Einnahme: bei einem Fertigarzneimittel in Form von Kapseln (z.B. Dronabinol), Öle oder Edibles setzt die Wirkung langsamer ein, hält dafür aber länger an.
- Topische Anwendung: Cremes und Salben, die mit Cannabinoiden versetzt sind, können direkt auf die Haut aufgetragen werden und wirken lokal schmerzlindernd und entzündungshemmend.
- Sublinguale Einnahme: Tinkturen oder Sprays, die unter die Zunge gegeben werden, bieten eine schnellere Aufnahme als die orale Einnahme.
Mögliche Nebenwirkungen
Wie bei jeder therapeutischen und medizinischen Behandlung können auch der Einsatz von Cannabinoiden Nebenwirkungen auftreten. Diese können je nach Sorte und individueller Reaktion des Patienten variieren:
- THC: Kann zu Schwindel, Angstzuständen, Mundtrockenheit, Müdigkeit und Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen führen.
- CBD: Ist in der Regel gut verträglich, kann aber in hohen Dosen zur Müdigkeit, Durchfall und Veränderungen des Appetits führen.
- CBG und CBC: Die Nebenwirkungen dieser Verbindungen sind weniger genau erforscht, scheinen aber milder zu sein.
Es ist wichtig, die Therapie sorgfältig zu überwachen und die Dosierung des cannabisbasierten Medikaments entsprechend anzupassen, um Nebenwirkungen zu minimieren und die bestmöglichen therapeutischen Ergebnisse zu erzielen.
Medizinisches Cannabis verschreiben lassen
Für die Verordnung von Cannabis als Medizin müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss eine schwerwiegende Erkrankung wie Multipler Sklerose oder Depressionen vorliegen. Bevor Cannabis in Betracht gezogen wird, müssen frühere Behandlungen entweder keine oder keine ausreichende Wirkung gezeigt haben.
Ein Arzt, unabhängig von der Fachrichtung (ausgenommen Zahn- und Tierärzte), muss den gesamten Prozess begleiten und die Verschreibung vornehmen. Der behandelnde Arzt beurteilt den Gesundheitszustand des Patienten, überprüft die bisherigen Behandlungsmethoden und entscheidet, ob eine Cannabistherapie sinnvoll ist.
In manchen Fällen übernehmen die gesetzliche Krankenkasse die Kosten für die Cannabistherapie, allerdings kann es notwendig sein, vorab eine Kostenübernahme zu beantragen und eine Genehmigung einzuholen. Der Arzt unterstützt dabei den Patienten und stellt die notwendigen medizinischen Unterlagen zur Verfügung, um den Antrag bei der Krankenkasse einzureichen.
Fazit
Cannabinoide haben sich als vielversprechende Wirkstoffe in der medizinischen Therapie erwiesen. Dank positiver Erfahrungsberichte und aktueller Forschungsergebnisse werden sie zunehmend in verschiedenen Behandlungsansätzen eingesetzt. Die Komplexität der über 100 Cannabinoide in der Cannabispflanze sowie die körpereigenen Endocannabinoide zeigen das enorme Potenzial dieser Substanzen auf. Trotz der noch notwendigen Forschungsarbeit haben einige dieser wertvollen Stoffe bereits ihren festen Platz in der medizinischen Behandlung gefunden und tragen zur Linderung schwerwiegender Erkrankungen bei. Die medizinische Nutzung von Cannabis bietet somit neue, wirksame Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität vieler Patienten.
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