Cannabis findet in der heutigen Zeit einen breiten Einsatz in der Medizin. Forscher und Mediziner sind nach wie vor damit beschäftigt, herauszufinden, wie die Pflanze im menschlichen Körper agiert und bei welchen Krankheiten sie in welchem Umfang eingesetzt werden kann. Es gibt bereits einige Studien und Erfahrungswerte über den Einsatz von Cannabisarzneien. Doch kann medizinisches Cannabis oder medizinisches Marihuana bei Angststörungen eingesetzt werden? Schließlich ist im Bereich des Freizeitkonsums auch bekannt, dass der Konsum der Pflanze Ängste und Psychosen fördern kann. Diese und weitere Thesen und den kontrollierten Einsatz von Cannabis nehmen wir in diesem Beitrag genauer unter die Lupe.
In diesem Beitrag erläutern wir:
- Was sind Ängste und Angststörungen?
- Welche Symptome erleben die Betroffenen?
- Was genau ist Cannabis, das in der Medizin eingesetzt wird?
- Wie kann es bei Angstzuständen eingesetzt werden?
Ängste und Angststörungen
Angst ist ein natürliches und notwendiges Gefühl, das ursprünglich das Überleben der Menschen sichern sollte. Das Gefühl von Angst ist eine Art Schutzmechanismus, der vor gefährlichen Situationen warnt und zu einer Reaktion, wie Abwarten, Fliehen oder Angriff, führt. Sobald der Mensch außer Gefahr ist, sollte das Gefühl von Angst nachlassen und mit der Zeit ganz verschwinden. Doch wenn die Angst unkontrolliert wird oder vermehrt auftritt, ohne einen bestimmten Anlass, dann liegt eventuell eine Angststörung vor, die dem Menschen nicht mehr dienlich ist, sondern ihn sogar krank machen und in seinem Alltag einschränken kann.
Was versteht man unter Angststörungen?
Bei einer Angststörung treten körperliche und psychische Symptome der Angst auf, ohne dass eine tatsächliche Gefahrensituation besteht und oft in einem Ausmaß, dass die betroffene Person die spürbaren Auswirkungen und die Situation nicht mehr kontrollieren kann. Die Person bemerkt oftmals sogar, dass die Angst unbegründet ist, kann aber nichts dagegen tun.
Unter den Begriff Angststörungen fallen verschiedene Erkrankungsformen, wie beispielsweise eine generalisierte Angststörung, Zwangsneurosen, Phobien, Panikattacken und posttraumatische Belastungsstörungen.
Wie entsteht eine Angststörung?
Angststörungen können durch eine Vielzahl von Faktoren entstehen, wobei die genaue Entstehung bisher nicht zu 100 % geklärt ist. Familiäre Einflüsse, genetische Veranlagung und belastende Erziehungsstile spielen eine Rolle, ebenso wie soziale Probleme und traumatisierende Lebensereignisse, beispielsweise der Verlust eines geliebten Menschen, eine Erkrankung, Mobbing oder finanzielle Schwierigkeiten. Aber auch bestehende psychische oder körperliche Krankheiten erhöhen das Risiko für gestörte Ängste.
Eine Art von Ängsten sind spezifische Phobien, auch als Angst mit konkreten Auslösern bekannt. Dabei spielen erblich bedingte Urängste eine Rolle, die, wie bereits oben erwähnt, das Überleben der Menschen sichern sollten, aber auf die Menschen heutzutage eher belastend wirken.
Im Gegensatz dazu stehen Ängste ohne konkrete Auslöser. Betroffene erleiden Angstsymptome ohne einen bestimmten Grund oder sind von der ständigen Angst begleitet, dass ihnen oder den geliebten Menschen in ihrer Umgebung etwas Schlimmes passieren könnte.
Die Angst hat viele Gesichter, deswegen gestaltet sich eine wirkungsvolle und dauerhafte Behandlung teilweise als schwierig.
Typische Merkmale und Begleiterscheinungen
Menschen mit Angstzuständen können eine Vielzahl von körperlichen und emotionalen Symptomen erleben.
Körperliche Auswirkungen:
- Herzrasen oder Herzpochen
- Atembeschwerden oder das Gefühl von Erstickung
- Schwitzen
- Zittern oder Muskelspannung
- Schwindel oder Benommenheit
- Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall
- Hitzewallungen oder Kälteschauer
- Trockener Mund oder Schluckbeschwerden
- Kopfschmerzen oder Nackenverspannungen
Emotionale Auswirkungen:
- Überwältigende Angst oder Panik
- Gefühl von Unwirklichkeit oder Losgelöstheit (Derealisation oder Depersonalisation)
- Angst vor Kontrollverlust oder dem Gefühl, verrückt zu werden
- Unruhe oder ständige Besorgnis
- Reizbarkeit oder Nervosität
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Schlafstörungen wie Einschlafschwierigkeiten oder nächtliches Erwachen
Nicht jeder Mensch mit Angstzuständen erlebt all diese Begleiterscheinungen. Die Intensität und Häufigkeit können variieren.
Herkömmliche Behandlungsformen
Wer an unkontrollierten oder einnehmen Ängsten leidet, sollte sich unbedingt professionelle Hilfe von einem Arzt und/ oder Therapeuten suchen. Denn der Weg, alleine aus Angstzuständen herauszukommen, ist fast unmöglich zu beschreiten. Er bedarf der Behandlung von erfahrenen Medizinern oder anderen Fachkräften.
Eine intensive verhaltenstherapeutische Behandlung von Angst zielt darauf ab, gemeinsam mit dem Therapeuten die Ursachen und Aufrechterhaltung der Ängste zu untersuchen. Dies kann helfen, festzustellen, ob die Ängste durch psychische Belastungen oder dauerhaften Stress entstanden sind. Für viele Patienten ist alleine diese Erkenntnis schon hilfreich, genau wie die Tatsache, dass körperliche Symptome oft durch die Angst selbst verursacht werden und nicht durch eine körperliche Erkrankung.
Spezifische Phobien wie Angst vor Schlangen oder Höhe kann gut behandelt werden. Die Patienten können schrittweise in der Therapie mit den angstauslösenden Situationen konfrontiert werden und feststellen, dass die befürchteten Folgen nicht eintreten. So kann die Angst allmählich abnehmen und letztendlich verschwinden.
Bei schweren Angststörungen kann auch eine medikamentöse Behandlung in Betracht gezogen werden, wie beispielsweise mit Antidepressiva oder Benzodiazepine, zur schnellen Linderung akuter Angstzustände.
Cannabis und dessen medizinischer Einsatz
Die Hanfpflanze Cannabis sativa enthält zahlreiche Phytocannabinoide, von denen die bekanntesten Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) sind und die bei der Einnahme oder dem Konsum eine erhebliche Wirkung auf den Menschen haben.
Die Erforschung der Cannabinoide führte zur Entdeckung des Endocannabinoid-Systems (ECS). Dieses System beinhaltet Rezeptoren wie CB1- und CB2-Rezeptoren, an die sich die Cannabinoide der Cannabispflanze, aber auch die vom Körper selbst produzierten sogenannten Endocannabinoide heften können. Durch dieses Anheften werden verschiedene Prozesse und Vorgänge im Körper in Gang gesetzt oder auch gesteuert. Das Endocannabinoid-System des Menschen spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Es reguliert die Stressverarbeitung, die Aufrechterhaltung der homöostatischen Balance; es beeinflusst Emotionen, kognitive Funktionen, die Motivation, Schmerzwahrnehmung und motorische Aktivität sowie Immun- und Entzündungsreaktionen.
Es wird diskutiert, dass Veränderungen im ECS, wie ein Mangel an Endocannabinoiden oder eine Dysfunktion des Systems, mit psychischen Störungen wie Angst, Schizophrenie, Depression und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in Verbindung stehen könnten. Daher werden die Bestandteile des ECS als potenzielle Biomarker zur Diagnose, Prognose und Vorhersage der Wirksamkeit von Therapien bei psychischen Krankheiten untersucht.
Der Einsatz von medizinischem Cannabis bei Angststörungen
Ob und in welchem Ausmaß Cannabis bzw. Marihuana bei Angststörungen eingesetzt werden kann, ist derzeit nicht sicher belegt. Es gibt einige Berichte von Patienten, die ihre Ängste bzw. deren Auswirkungen mit der therapeutischen Einnahme lindern konnten, ohne die starken Nebenwirkungen, wie bei herkömmlichen Medikamenten. Doch das sind meist objektive Wahrnehmungen. Die Studienlage zu diesem Thema ist leider nicht ganz so eindeutig.
Marihuana wird als biphasisch und bidirektional bezeichnet. Das heißt, es kann in einigen Fällen entspannen und in anderen Fällen ängstigen. Je nach Sorte, Dosis, dem Zustand des Patienten und der Krankheitsdiagnose kann eine cannabisbasierte Therapie also Ängste reduzieren oder auch intensivieren. Das bedeutet, der medizinische Einsatz von Cannabis bei Angst und Depressionen (diese beiden Erkrankungen, ergänzen sich oft) muss anhand von intensiven Forschungen genau geklärt werden.
Die Studienlage
Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2019 hat verschiedene Studien zum Zusammenhang zwischen der Marihuanapflanze und Angstzuständen untersucht. Die Auswertung dieser Studien zeigt, dass Cannabinoide, insbesondere THC alleine oder in Kombination mit CBD, die Angstsymptome bei Personen mit begleitenden Erkrankungen wie chronischen Schmerzen oder Multipler Sklerose lindern könnten. Dies legt nahe, dass der therapeutische Einsatz von Cannabis eine potenzielle Option zur Behandlung von Angstsymptomen sein könnte, wenn sie mit anderen Krankheiten auftreten.
Angst mit CBD behandeln
57 gesunde Männer erhielten entweder CBD in verschiedenen Dosen (150 mg, 300 mg, 600 mg) oder ein Placebo in einer Doppelblindstudie. Während eines simulierten öffentlichen Redetests wurden subjektive Bewertungen auf der Visual Analogue Mood Scale (VAMS) und physiologische Messwerte zu sechs Zeitpunkten erhoben.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine Vorbehandlung mit 300 mg CBD die Angst beim Sprechen signifikant reduzierte im Vergleich zu Placebo. Das bestätigt die angstlösenden Eigenschaften von CBD und stimmt mit den Ergebnissen von verschiedenen Tierstudien überein. Es ist wichtig, die optimalen therapeutischen CBD-Dosen sorgfältig zu bestimmen, um die Forschungsergebnisse angemessen in die klinische Praxis umsetzen zu können.
Weitere Untersuchungen legen nahe, dass CBD auch bei anderen Angststörungen wie sozialer Angst oder PTBS sowie bei angstbedingter Schlaflosigkeit wirksam sein kann. In einer Studie aus dem Jahr 2011 erlebten Patienten mit sozialer Angststörung nach der CBD-Einnahme weniger Angst als diejenigen, die Placebo erhielten. Dies könnte mit den Auswirkungen von CBD auf die Aktivität bestimmter Hirnregionen zusammenhängen.
Es gibt aber auch Studien, die ganz klar belegen, dass Marihuana bei Ängsten und Angstzuständen, nicht eingesetzt werden kann.
Welche Sorte kann bei Angststörungen eingesetzt werden?
Diese Frage kann nicht eindeutig beantwortet werden, denn es ist einerseits von der Art der Angst, wie häufig und in welcher Intensität diese vorkommt und vom Patienten abhängig, welche Art und Sorte bei einer Angststörung verschrieben wird.
Das bedeutet einerseits, dass man im medizinischen Bereich nicht eingeschränkt ist, aber eben testen muss, welche Sorte und vor allem welche Dosis passend ist für den Patienten. Bei Phobien sollten Sorten mit viel Pinen vermieden werden, da Ängste von der Eigenschaft von THC, Erinnerungen zu beeinträchtigen, profitieren können. Und genau das kann Pinen verursachen. CBD haltige Sorten können möglicherweise bei Sozialphobien und gegen Panikstörungen eingesetzt werden. Sorten, die viel Limonen enthalten, haben hingegen eine antidepressive Wirkung gezeigt und wirken euphorisierend. Haze Sorten können beispielsweise in niedrigen Dosen gut bei Ängsten eingesetzt werden.
Fazit
Es ist möglich, Ängste und Angststörungen mit medizinischem Cannabis zu behandeln. Jedoch ist es wichtig, dass zuvor ein Mediziner oder Therapeut die Art der Angst ermittelt und dann die Medikation, einschließlich der Sorte und Dosierung, genau auf den Patienten abstimmt. Diese Behandlung kann als begleitende Therapie zu bereits bestehenden Therapien dienen. Es gibt bereits einige Studien, die die Wirksamkeit von CBD-haltigen Cannabissorten bei Ängsten bestätigen.
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