Wichtigste Erkenntnisse
- Die Einfuhr von Cannabis in andere Länder, sei es für Urlaub oder Geschäftsreisen, ist in den meisten Fällen illegal und kann mit hohen Strafen geahndet werden.
- Die Mitnahme von medizinischem Cannabis auf Reisen ist unter bestimmten Bedingungen möglich, vor allem in Schengen-Mitgliedstaaten, wo jedoch eine ärztliche Bescheinigung erforderlich ist.
- Reisen in Nicht-Schengen-Länder erfordert eine genaue Kenntnis der Gesetze und Bestimmungen des Ziellandes sowie die Möglichkeit, eine angemessene Alternative vor Ort zu finden, falls die Mitnahme von Cannabisarzneien nicht gestattet ist.
Cannabis in andere Länder einzuführen, egal ob für den Urlaub oder für Geschäftsreisen, ist in den meisten Fällen verboten und kann mit hohen Strafen, wie einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Doch was passiert, wenn ein Patient oder eine Patientin die Cannabisarzneien als Medikation für eine bestimmte Krankheit benötigt? Ist die Mitnahme von medizinischem Cannabis ebenfalls verboten?
Was ist medizinisches Cannabis?
Medizinisches Cannabis bezieht sich auf die Verwendung der Cannabispflanze oder deren Bestandteile, zu medizinischen Zwecken. Das bedeutet, der Patient oder die Patientin erhält die reinen Blüten, Extrakte, Öle oder cannabisbasierte Fertigarzneien auf Rezept verschrieben und kann diese somit legal konsumieren, um seine oder ihre Erkrankung zu heilen, zu verbessern oder die daraus resultierenden Symptome zu lindern. Letztendlich ist es ein streng kontrolliert angebautes und qualitativ hochwertiges Cannabis, dessen Inhalte genau bekannt sind und das gezielt eingesetzt wird.
Wofür werden die Cannabisarzneien eingesetzt?
Die Bedeutung von Cannabisarzneien liegt in der potenziell therapeutischen Anwendungen für eine Vielzahl von Gesundheitszuständen.
- Schmerzlinderung: Cannabis kann bei der Linderung chronischer Schmerzen, insbesondere bei Erkrankungen wie neuropathischem Schmerz, Arthritis und Krebsschmerzen, hilfreich sein. THC wirkt dabei unter anderem schmerzlindernd, während CBD entzündungshemmende Eigenschaften aufweist.
- Neurologische Erkrankungen: Cannabisarzneinen oder Medikamente werden zur Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Epilepsie, Multipler Sklerose (MS) und Parkinson eingesetzt.
- Übelkeit und Erbrechen: Insbesondere bei Patient*innen, die sich einer Chemotherapie oder Strahlentherapie unterziehen, können mit cannabisbasierten Arzneien Übelkeit und Erbrechen lindern.
- Psychische Gesundheit: Einige Studien deuten darauf hin, dass CBD bei der Linderung von Angstzuständen, Depressionen und posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) helfen kann.
- Appetitanregung: eine gezielte Cannabismedikation kann Menschen mit Appetitlosigkeit, wie sie bei HIV/AIDS oder bestimmten Krebsarten auftreten können, dabei helfen, ihren Appetit zu steigern.
Insgesamt hat medizinisch angewendetes Cannabis das Potenzial, die Lebensqualität von Patienten mit bestimmten Gesundheitszuständen zu verbessern, die auf konventionelle Therapien und Arzneien nicht ausreichend oder gar nicht ansprechen.
Mit Cannabismedikamenten reisen
Da Cannabismedikamente meist an Patienten verschrieben werden, die an schweren oder stark einschränkenden Krankheiten und deren Symptome leiden, ist es im Normalfall unausweichlich, dass sie ihre Medikation mit auf Reisen nehmen. Doch das stellt derzeit noch einige Hürden dar, da das heilende Kraut und die Mitnahme in vielen Ländern illegal ist und/oder als Betäubungsmittel gilt, auch wenn es als Arznei verwendet wird. Doch es gibt eine Lösung.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beschreibt Folgendes auf der Webseite, zur Betäubungsmittel – Verschreibungsverordnung (BtMVV):
Ein Arzt darf für den Patienten Betäubungsmittel in angemessener Menge verschreiben. Der Patient darf dieses Betäubungsmittel in der für die Dauer der Reise, ebenfalls in angemessener Menge, also für den eigenen bzw. als Reisebedarf aus- oder einführen. Andere Personen für die Mitnahme zu beauftragen ist nicht erlaubt, da Betäubungsmittel ausschließlich für den eigenen Bedarf mitgeführt werden dürfen.
Das bedeutet, grundsätzlich ist die Mitnahme erlaubt, wenn der Patient eine ärztliche Bescheinigung bei sich trägt, und somit beweisen kann, dass die Cannabisarzneien für die Erkrankung benötigt werden. Dieses Vorgehen regelt das Schengener Abkommen.
Das Schengener Abkommen
Das Schengener Abkommen, ist ein Beschluss verschiedener Mitgliedsstaaten, dass die Ein- und Ausreise von Betäubungsmitteln regelt.
Dieses beschreibt, dass bei Reisen bis zu 30 Tagen in die Mitgliedstaaten, verschriebene Betäubungsmittel mitgenommen werden dürfen, unter der Voraussetzung, dass der Patient eine ärztlich ausgefüllte Bescheinigung nach Artikel 75 des Schengener Durchführungsübereinkommens, mit sich führt.
Folgende Staaten sind Mitglieder des Schengener Abkommens: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn.
Das bedeutet, dass der Patient vor dem Antritt der Reise die Bescheinigung von dem behandelnden Arzt ausfüllen und durch die oberste Landesgesundheitsbehörde (in Deutschland ist das das zuständige Gesundheitsamt) oder eine von ihr beauftragte Stelle beglaubigen lassen muss. Die Bescheinigung ist maximal 30 Tage lang gültig.
Des Weiteren ist zu beachten, dass für jedes verschriebene Betäubungsmittel ist eine gesonderte Bescheinigung mitgeführt werden muss. Dass bedeutet, wenn ein Patient mehrere Sorten von Cannabisarzneien benötigt, muss er jede einzelne Sorte gesondert bescheinigen lassen.
Doch wie sieht es bei den Ländern aus, die keine Mitgliedstaaten des Abkommen sind?
Das Reisen in Nicht-Mitgliesstaaten
Prinzipiell ist es möglich, die benötigten Cannabisarzneien und andere Betäubungsmittel auch in Länder mitzunehmen, die nicht Mitglieder des Schengener Abkommens sind. Dafür gibt es einen Leitfaden für Reisende des internationalen Suchtstoffkontrollamtes (INCB), auf den die Bundesopiumstelle verweist.
Der Leitfaden beschreibt das folgende Vorgehen:
- In erster Linie müssen die nationalen Gesetze und Bestimmungen, in Bezug auf Betäubungsmittel und die Ein- bzw. Durchreise damit, des jeweiligen Ziel- oder Transitlandes eruiert und berücksichtigt werden. Denn es gibt Länder, die zusätzlich eine Importgenehmigung verlangen oder auch die Menge der mitzuführenden Betäubungsmittel einschränken. In manchen Ländern ist die Mitnahme allerdings komplett verboten. Wenn das der Fall ist, sollte die jeweilige diplomatische Vertretung des Ziellandes in Deutschland aufgesucht werden. Diese kann Auskunft über die Regelungen und das weitere Vorgehen erteilen.
- Wenn die Einreise mit der Arznei erlaubt ist, muss der Patient von seinem behandelnden Arzt eine mehrsprachige Bescheinigung ausstellen lassen. Diese Bescheinigung hat derzeit keine formellen Vorgaben, sie sollte aber Angaben zur Einzel- und Tagesdosierungen, Wirkstoffbezeichnung und die Reisedauer beinhalten.
- Die Bescheinigung ist ebenfalls durch die zuständige oberste Landesgesundheitsbehörde (das Gesundheitsamt) oder eine beauftragte Stelle zu beglaubigen.
- Auch hier gilt eine Reisedauer von max. 30 Tagen.
Wenn die Mitnahme der Cannabisarzneien nicht möglich ist
Sollte es in dem Ziel- oder Transferland nicht gestattet sein, Betäubungsmittel bzw. Cannabisarzneien einzuführen, gibt es die Möglichkeit eine angemessene Alternative von einem ansässigen Arzt verschreiben zu lassen. Das bedeutet, man muss im Vorhinein einen Arzt oder eine Ärztin in dem jeweiligen Land ausfindig machen, die Problematik schildern und einen Termin, am besten unmittelbar nach der Ankunft, vereinbaren. Weiterhin gibt es noch die Option, die Betäubungsmittel über eine Ein- und Ausfuhrgenehmigung mitzuführen. Dieses Formular muss bei der Bundesopiumstelle beantragt werden. Allerdings ist das Verfahren so umfangreich, dass es kaum angewendet wird.
Auf der Internetseite des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte können die Einreiseformalitäten und die aktuelle Gesetzeslage stets ermittelt werden.
Zusätzliche Informationen und Ressourcen
- Die Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stellt umfassende Informationen und Ressourcen bereit, die sich mit dem Reisen unter Verwendung von medizinischem Cannabis befassen.
- Benötigte Bescheinigung gemäß Artikel 75 des Schengen-Durchführungsabkommens, welche vom verordnenden Arzt ausgefüllt werden muss.
- Für die Beglaubigung zuständigen Landesgesundheitsbehörden.
- Informationen für Reisen außerhalb des Schengener Raums werden von der INCB gestellt.
- Eine Übersicht der INCB zu gesetzten und Bestimmungen weltweit.
- Das Auswärtige Amt kann bei Fragen zu spezifischen gesetzlichen Regelungen zum Umgang in dem jeweiligen Land Auskunft geben.
Mehr lesen